Geschäftsveräußerung im Ganzen

 

Einleitung

 

Bei der Übertragung eines ganzen Betriebs oder einer vermieteten Immobilie ist von Käufer und Verkäufer sorgfältig zu prüfen, ob der Kaufpreis der Umsatzsteuer unterliegt. Zudem besteht für den Käufer das Risiko, dass er eine Vorsteuerberichtigung zu seinen Lasten durchführen muss, wenn er im Gegensatz zum Verkäufer das Kaufobjekt umsatzsteuerfrei weiterführt.

In diesem Blogartikel soll erläutert werden, wann eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt und welche umsatzsteuerlichen Folgen dies für den Käufer hat.

 

Definition

 

Unter einer Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Absatz 1a Satz 2 UStG versteht man, dass ein Verkäufer einem Käufer gegen Entgelt die vom Käufer beabsichtigte Fortführung der unternehmerischen Tätigkeit des Verkäufers ermöglicht (UStAE 1.5 Absatz 1 Satz 2).

Auch die unentgeltliche Übertragung oder die Einbringung eines Betriebs in eine Gesellschaft wird als Geschäftsveräußerung im Ganzen verstanden.

Im Umsatzsteuergesetz gilt jede auf eigene Rechnung und mit Wiederholungsabsicht ausgeübte Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen als Unternehmen (§ 2 Absatz 1 UStG), sodass auch die Übertragung von vermieteten Immobilien eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 Absatz 1a Satz 2 UStG darstellen kann.

 

Abgrenzung

 

Wird z.B. eine bisher vermietete Wohnung durch den Käufer sofort nach dem Erwerb eigengenutzt, liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, da die unternehmerische Tätigkeit des Verkäufers nicht fortgeführt wird.

Ein plötzlicher Sinneswandel des Käufers zugunsten einer Eigennutzung nach nur 6 Monaten Weitervermietung steht einer Geschäftsveräußerung im Ganzen jedoch nicht entgegen (UStAE 1.5 Absatz 2 Satz 4).

 

Umsatzsteuer

 

Die Geschäftsveräußerung im Ganzen unterliegt nicht der Umsatzsteuer (§ 1 Absatz 1a Satz 1 UStG).

Der Verkäufer schuldet gegebenenfalls die zu Unrecht in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer, vorbehaltlich eines erfolgten Berichtigungsverfahrens (§ 13a Absatz 1 Nr. 1, § 14c Absatz 1 und Absatz 2 Sätze 3 bis 5 UStG).

Der Käufer darf sich die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer nicht vom Finanzamt erstatten lassen (§ 15 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).

 

Vorsteuerberichtigung

 

Führt der Käufer die Tätigkeit des Verkäufers umsatzsteuerfrei statt bisher umsatzsteuerpflichtig fort, muss er zu seinen eigenen Lasten eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UStG durchführen (§ 1 Absatz 1a, § 15a Absatz 10 UStG).

Die Vorsteuerberichtigung ist zeitanteilig durchzuführen: Für Grundvermögen beträgt der Berichtigungszeitraum 10 Jahre ab erstmaliger Verwendung durch den Verkäufer (§ 15a Absatz 1 Satz 2 UStG). Bei anderen Wirtschaftsgütern wird ein Berichtigungszeitraum von 5 statt 10 Jahre zugrunde gelegt (§ 15a Absatz 1 Satz 1 UStG). Im Einzelfall kann sich durch kürzere voraussichtliche Nutzungsdauer ein entsprechend kürzerer Berichtigungszeitraum ergeben (§ 15a Abs. 5 S. 2 UStG).

Dies betrifft insbesondere:

  • Herstellungskosten des Gebäudes des Verkäufers aus den letzten 10 Jahren und
  • Anschaffungskosten des Verkäufers für größere bewegliche Anlagegüter wie Fahrzeuge oder Solaranlagen aus den letzten 5 Jahren.

Führt der Käufer die Tätigkeit des Verkäufers umsatzsteuerpflichtig statt bisher umsatzsteuerfrei fort, kann er hingegen zu seinen eigenen Gunsten eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a UstG durchführen (§ 1 Absatz 1a, § 15a Absatz 10 UStG).

 

 

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Rechtsstand: 17.10.2024

 

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